Chaos auf Flughäfen, Staus auf den Autobahnen: Es hätte eine einmalige Chance für die Bahn sein können, sich als perfekte Alternative zu präsentieren; indessen gab es zahlreiche Probleme:
Auf der Tauernbahn stellte der Zwei-Stunden-Takt keine Alternative dar.Unklar bleibt, warum es nicht gelang, als Ad-hoc-Maßnahme irgendwo in Österreich drei Nahverkehrsgarnituren (etwa City-Jets, Talent-Garnituren, 4020-er) „aufzutreiben“. Mit ihnen hätte sich bei Abfahrten in Salzburg um ca. 07:18, 09:18, 11:18 Uhr der Stunden-Takt nach Villach (Umlaufzeit sechs Stunden) verwirklichen lassen. Das hätte kaum eine Qualitätsminderung gegenüber den Fernverkehrszügen bedeutet, da auf der Tauernbahn Fern- und Nahverkehr ohnehin identisch sind.
Dass die Pontebbana als Teil der Hauptachse Wien – Italien den ganzen Juli hindurch, also gerade in der Hauptreisezeit, gesperrt war, ist in höchstem Maße fragwürdig. Natürlich drängt sich die Frage auf, wieso sich bereits ca. 30 Jahre nach dem Bau der Neubaustrecke die Gleistrageplatten in so schlechtem Zustand befanden, dass ein sicherer Betrieb nicht mehr gewährleistet werden konnte. Und leider gelang es nicht, mit IC-Bussen bzw. angemieteten Fernbussen in Villach einen Zwei-Stunden-Takt nach Venedig einzurichten, der den Anschluss an die aus Salzburg bzw. Wien geführten Taktzüge hergestellt hätte. Als Grund wurde Mangel an Bus-Chauffeuren genannt. Für nächstes Jahr wären Direktzüge von (zumindest) München über den Tauern nach Kroatien (z.B. ein Nightjet nach Split) bzw. Venedig natürlich unverzichtbar. Vielleicht ließe sich sogar eine Anbindung von Grado, Lignano etc. durch Busse organisieren.
„Es ist mühsam, grenzüberschreitend mit der Bahn unterwegs zu sein“, meinte ORF-Moderator Martin Thür zutreffend anlässlich eines Interviews*) mit ÖBB-Chef Matthä – und verwies auf Frankreich und Italien. Matthä stimmte ihm zu: „Die Liberalisierung hat dazu geführt, dass sich die Ticket-Systeme in Europa getrennt haben, und wir fügen das jetzt wieder mühevoll zusammen. Dieser Zustand ist nicht zu tolerieren und soll in weniger als fünf Jahren beseitigt sein.“
Dies allein wird freilich nicht genügen – neue Marketing-Strategien sind unverzichtbar: Ein bedeutender Schritt wird die angekündigte Umwandlung von Bahnhöfen in Mobilitätszentralen sein, ebenso müssen Züge ohne Zugbegleitpersonal der Vergangenheit angehören. Dies wurde erst neulich von Roman Hebenstreit, Vorsitzender der Gewerkschaft VIDA, nachdrücklich gefordert. Nur mit besserem Service kann die Bahn in Zukunft punkten – nicht zuletzt wegen der Konkurrenz durch Fernbusse: In Wien soll 2024 mit der Errichtung eines modernen Bus-Bahnhofs begonnen werden.
Autor: Karl Schambureck