Klare Worte fand Bundespräsident Van der Bellen in seiner Eröffnungsansprache gegenüber dem Wunsch, nach der Pandemie in die gewohnte Normalität zurückzukehren.
„Ich fand es seit Jahren nicht normal, wenn versucht wird, Wirtschaft, Ökologie und soziale Verantwortung gegeneinander auszuspielen. Ich finde es auch falsch, Maßnahmen gegen die Klimakrise weiter hinauszuschieben und so zu tun, als würde die von selber vorbeigehen – das ist nicht normal, sondern fahrlässig. Denn: Das Zeitalter des Menschen ist drauf und dran, die kürzeste Epoche der Erdgeschichte zu werden, wenn wir die anthropogenen Treibhausgas-Emissionen nicht unter Kontrolle bringen.“ Das österreichische Staatsoberhaupt schlug vor, sich an der Kunst ein Beispiel
zu nehmen, nicht das Gleiche zu wiederholen, sondern am Besseren zu arbeiten.
Philosoph und Autor Julian Nida-Rümelin: „Demokratie stärken!“
Die Festrede trug in diesem Jahr der Philosoph und ehemalige deutsche Kulturstaatsminister Julian Nida-Rümelin zum Thema „Eine humanistische Utopie“ vor. Dabei schilderte er, dass, nachdem die letzten großen Utopien der Menschheitsgeschichte zusammengebrochen waren, immer häufiger Dystopien zu gemeinsamen Zielen
wurden. Menschengemachter Klimawandel, neue Atommächte wie China und die Ablöse des Menschen durch Digitalisierung seien die bedrohlichen Szenarien, gegen die wir aktuell alle gemeinsam ankämpfen. Um hier erfolgreich zu sein, müssen laut Nida-Rümelin die demokratische Zivilkultur und der Humanismus gestärkt werden. „Es gibt eine humanistische Utopie, und sie heißt Demokratie. Sie setzt voraus, dass wir alle über praktische Vernunft verfügen und uns ein Bild über die zukünftigen Herausforderungen machen können“, so der Festredner. Wichtig sei dabei, dass „wie wir entscheiden, für alle passt. Demokratie ist nicht die Diktatur der Mehrheit, sondern
das Bewahren der Würde und des Respekts jedes einzelnen.“